Oder so ähnlich…
Am Sonntag gab es die Premiere von Stefan Raabs neuem Konzept Absolute Mehrheit und ich fand die Idee im Grunde genommen ganz gut. Natürlich habe ich mir das nicht entgehen lassen.
Politiker Kubicki (FDP) und Unternehmerin Delius / ProSieben.de
Meine Beurteilung vor der Sendung:
Als ich erstmals von der Sendung hörte war ich überrascht und auch wieder nicht. Einerseits überrascht, dass Raab den Schritt gewagt hat und Politik sowie Politiker in sein Spaßkonzept integriert. Andererseits nicht überrascht, weil Stefan Raab ein kluges Köpfchen ist. Aber mein erster Gedanke war positiv. Immerhin wird der verdummten jungen Generation eine Gelegenheit gegeben mit Politik auch Spaß zu haben.
Leider war damit auch Geld im Spiel, was der Sendung einen merkwürdigen Beigeschmack gegeben hat. Warum sollte ein Mensch, in Funktion eines Politikers, die Möglichkeit haben in solch einer Show 100.000€ zu gewinnen? Reichen die Diäten nicht? Geht das in die Kasse der Partei? Oder wird es tatsächlich gespendet?
Meine Beurteilung nach der Sendung:
Was auch immer sein Ziel war – Marktanteil, Belustigung oder das ehrenhafte Ziel die Attraktivität der Politik zu steigern – es ist ihm gelungen. Natürlich war das Niveau deutlich unter den Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender, aber es war ein guter Einstieg für diejenigen, die sich nicht für Politik interessieren.
Einige Sachen haben mich aber gestört. Da es drei Themen (Steuergerechtigkeit, Energiewende, Soziale Netzwerke) gab, waren die Diskussionen recht kurz. Die Sendezeit betrug in etwa 90 Minuten. Abrupte Unterbrechungen nur um die aktuellen Umfragewerte oder Werbung zu präsentieren haben den Tiefgang geblockt. Die Zielgruppe war jung und natürlich leicht beeinflussbar und einige haben das natürlich ausgenutzt. Jan Van Aken, stellvertretender Parteivorsitzender der Linkspartei, hat sich ständig ans Publikum gewandt, immer in die Kamera gegrinst, ein lockeres Erscheinungsbild gegeben und war auch locker in der Aussprache. Kein Wunder, dass er auf dem zweiten Platz landete (mit 32,7%). Gewinner war der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki, der lauten Anhang im Publikum hatte. Vorteil für ihn war auch die Platzierung in der Runde. Neben der Unternehmerin Verena Delius konnte er ständig flirten und erinnerte mich an den charmanten Dos Equis Man, aka The Most Interesting Man In The World.
Herr Kubicki konnte die Show mit 42,6% gewinnen, aber nicht die 100.000€ einsacken, da er nicht die absolute Mehrheit errang.
Der erste Verlierer war CDU-Politiker Michael Fuchs, der direkt nach der ersten Runde mit 9,4% aus der Wertung flog. Der Grund war wohl, dass er sehr unspektakulär wirkte. Folgende Zitate von Fuchs konnte man in einem Artikel bei Focus.de lesen:
Mir ist es nicht gelungen, populistisch genug zu sein. Das liegt mir auch nicht. […]
Ich habe den Eindruck, dass die Show mehr zählt als der Inhalt. Immer wenn wir ins Diskutieren kamen, wurden wir unterbrochen, weil Werbung kam oder Herr Raab bei Herrn Limbourg Zwischenstände abfragte. Die waren meiner Meinung nach völlig überflüssig. Besser hätte man weiterdiskutiert. […]
Hier hatten wir für drei komplexe Themen 20 Minuten inklusive Werbung und der Bekanntgabe der Zwischenstände. Jeder konnte maximal drei Minuten über ein Thema reden. Zeit für eine Gegenrede gab es gar nicht. Wenn Sie da nicht großen Populismus an den Tag legen, können Sie nicht gewinnen. […]
Ich hab‘ gedacht, es ist so wie es ist. Jetzt musst Du es eben durchstehen. Ein Lustgewinn war es nicht. Es ist mir zu oberflächlich gewesen. […]
Ich habe vorher meiner Lebensgefährtin gesagt, pass mal auf, gewinnen wird entweder Jan van Aken oder Wolfgang Kubicki. […]
Das kann man alles so unterschreiben.
Man kann nur hoffen, dass die Folge der hohen Zuschauerbeteiligung (1,28 Millionen der 14- bis 49-Jährigen) ein größeres Interesse an Politik sein wird und nicht ein größeres Interesse an den Personen, die mit Selbstinszenierung zum größten Teil blenden konnten.
